Interview Bürgermeister Foto: Lutherstadt Eisleben Wir bedanken uns für das Interview mit Bürgermeister Staub. Carsten zu als gaben gehört W as Ihren Auf- Bürgermeister? Ich repräsentiere die Lutherstadt Eisleben nach Außen, bin das Gesicht der Stadt, qua- si. Meine wichtigste Aufgabe ist allerdings die Leitung der Verwaltung. Gemeinsam mit den Stadträten entscheide ich über alle wich- tigen Belange der Stadt - wirtschaftliche, so- ziale, kulturelle, fi nanzielle. Innerhalb der Verwaltung koordiniere ich die Verwaltungs- abläufe. Wir bereiten Beschlüsse der kom- munalen Gremien vor und setzen diese um. ortsansässigen D ie Unterneh- men waren der Stadt gegenüber überwiegend kritisch gestimmt, wel- che Gründe könnte es dafür geben? Zunächst muss ich Ihnen sagen, es ist nicht einfach, auf eine Verallgemeinerung und Pau- schalisierung konkret zu antworten. Welche Vorwürfe haben denn die Unternehmen der Stadt gemacht? Bezogen sich die Vorwürfe auf die Arbeit meiner Verwaltung? Oder auf die Stadt an sich? Kennen Sie das Sprichwort: „Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann?“ Das vergangene Jahr hat unseren kleinen, mittelständischen Unterneh- men eine ganze Menge abverlangt. Aus vielen persönlichen Gesprächen mit Händlern der Innenstadt beispielsweise, weiß ich, dass sie noch einen „Lockdown“, wie wir ihn von No- vember 2020 bis weit in das Frühjahr dieses Jahres erlebt haben, nicht überstehen würden. Tatsächlich arbeiten wir, als Stadtverwaltung, sehr eng mit unserer Wirtschaft zusammen. Wir haben eine sehr engagierte Wirtschaftsför- derung, die sich den Anliegen und Problemen der Unternehmen in der Lutherstadt Eisleben widmet und als Ansprechpartner fachlich mit Rat und Tat zur Seite steht. Allerdings wird die Unzufriedenheit mit der „großen“ Politik lei- der oft auf uns in der Verwaltung übertragen. D er Steuersatz für Unternehmen (Hebesatz) wurde vor kurzem er- höht, welche Gründe gibt es dafür? Die Gewerbesteuer wurde viele Jahre in der Stadt – gerade auf Rücksicht auf die Unter- nehmen – nicht erhöht. Das allerdings nur mit Billigung der Kommunalaufsicht des Land- kreises. Diese forderte letztlich die Stadt auf, die Hebesätze auf den Landesdurchschnitt an- zuheben. Wir – Stadtverwaltung und Stadtrat - haben uns diese Entscheidung weder leicht gemacht, noch eine vorschnelle getroffen. Be- vor eine Kommune Bedarfszuweisungen – also Gelder – beim Land beantragen kann, muss sie zwingend alle anderen Einnahmemöglich- keiten ausschöpfen. Die Gewerbesteuer-Er- höhung von 380 auf 400 Prozent war eine Voraussetzung, um überhaupt beim Land Be- darfszuweisungen beantragen zu können. Und sie war Bestandteil des beschlossenen Konso- lidierungsprogramms zum Haushalt. Letztlich ging es um die Handlungsfähigkeit der Stadt. Eisleben für zu W elche Gründe hat Sie dazu als bewegt, kandidieren? Bürgermeister Eisleben ist meine Heimat. Das mag für Sie pathetisch klingen, aber hier bin ich geboren, hier bin ich aufgewachsen. Ich kann mir kei- nen schöneren Ort vorstellen. Hier habe ich mich entschieden, zu leben, eine Familie zu gründen. Ich bin froh, meine Kinder hier auf- wachsen zu sehen. Ich wünsche dieser, mei- ner Stadt, nur das Allerbeste. Dafür setze ich mich Tag für Tag ein. Übrigens nicht nur als Bürgermeister, sondern ehrenamtlich schon seit 24 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. Sie noch Amtszeit W as möchten in Ihrer erreichen? Es allen recht zu machen!? Nein, Spaß bei- seite. Ich möchte junge Familien motivieren, es mir gleich zu tun. Ich habe mich bewusst für Eisleben entschieden, weil das ein le- bens- und liebenswerter Ort ist. Wir haben tolle, engagierte und sehr vielfältige Kinder- einrichtungen und hochmoderne Grundschu- len - also beste Bedingungen, um eine Fa- milie zu gründen. Eisleben soll wachsen und jungen Menschen eine Perspektive geben. Es gilt, Wohnraum zu schaffen, bezahlbare und attraktive Mietwohnungen gemeinsam mit unseren Wohnungsbauunternehmen. Viele Familien sind auf der Suche nach Baugrund. Wir müssen neue Baufl ächen erschließen, da- mit Eigenheime entstehen, sich junge Men- schen niederlassen, die Stadt wachsen kann. Ich möchte die Stadt weiter entwickeln, neue Spielplätze, Parkplätze - ganz klar. Alles Vor- aussetzungen für eine stabile Innenstadt. Wenn ich meine Amtszeit mit 25.000 Einwohnern beschließe, habe ich ein großes Ziel erreicht. reits bessere Tage D er Tourismus in Eisleben hat be- erlebt, was möchten Sie dagegen unternehmen? Der Tourismus hat sicher schon bessere Zeiten erlebt. Aber – entschuldigen Sie bitte – auch viel schlechtere. Sie dürfen nicht den Fehler machen und die Übernachtungszahlen der Lut- herdekade, vor allen Dingen des Jahres 2017, zum Vergleich heranziehen. Natürlich stand die Stadt in dieser Zeit besonders im Fokus. Na- türlich hatten wir viele Gäste aus der ganzen Welt. Natürlich konnten diese Zahlen in den folgenden Jahren nicht erreicht werden. Das ist allerdings kein Eisleben-Phänomen. Das geht vielen Städten so. Das Jahr 2020 und auch die erste Jahreshälfte 2021 haben die Touris- musbranche schwer gebeutelt. Ich kann Ihnen nur sagen, wie ich in den vergangenen Woche nach dem „Lock-Down“ die Lutherstadt Eis- leben wahrgenommen habe und täglich wahr- nehme. Regelmäßig begegnen mir Touristen, Gäste, viele auch aus der näheren Umgebung. Das freut mich sehr. Die Menschen haben be- gonnen, ihre eigene Region, ihre unmittelbare Umgebung, zu erkunden, mehr zu schätzen. Wir sind eine kleine Stadt – allerdings mit viel Charme. Mit vielen interessanten Ecken. Reizvoller, mehrfach ausgezeichneter Archi- tektur. Davon können Sie sich selbst einmal überzeugen. Die Gäste, die ich hier treffe, be- stätigen mir immer wieder: Eisleben ist schön. W o und Wann kann man Sie auf der Eisleber Wiese antreffen? Es ist die zweite Wiese in Folge, die ich 2021, als Bürgermeister nicht eröffnen, son- dern absagen musste. Ich freue mich auf eine tolle Eisleber Wiese im Jahr 2022. Wo Sie mich antreffen können? Zum feierlichen Er- öffnungsspektakel auf dem Marktplatz. Ich werde mit unseren Gästen aus unseren Part- nerstädten den historischen Festumzug an- führen. Sie treffen mich zum Fassbieranstich im Wiesenzelt am Eröffnungstag pünktlich um 15 Uhr. Ich werde den Wiesenschützen si- cher am Samstag über die Schulter schauen. Wir sehen uns zum Familiennachmittag am Sonntag und zum großen Abschieds- feuerwerk am Wiesenmontag – kurz um – wahrscheinlich jeden Tag – überall. Denn so ist es, wenn man Bürgermeis- ter der Lutherstadt Eisleben ist – man ist es immer und überall. Mit ganzem Herzen. Interview vom 19.07.2021